Für die meisten Kulturschaffenden und -unternehmen erlauben die gegenwärtigen Rahmenbedingungen nach wie vor keine künstlerisch oder finanziell tragbaren Veranstaltungen. Deshalb erwachen erst ganz kleine Teile der Schweizer Kultur-Branche aus dem künstlichen Koma. Auch wenn wir etwas mehr Licht am Ende des Tunnels sehen, ist es wichtig, jetzt auch die mittel- und langfristige finanzielle Unterstützung zu sichern, damit die kulturelle Vielfalt in der Schweiz erhalten bleibt. Ein Stolpern auf der Zielgeraden wäre fatal.
Auch nach den ersten bereits umgesetzten Öffnungsschritten bleibt es in Sachen Kultur weitgehend ruhig: Zwar finden hier und dort Lesungen, kleine Konzerte mit sitzendem Publikum, Kinovorstellungen oder Performances statt, aber von einer normalen Situation ist die Kulturbranche weit entfernt. Die gegenwärtig gültigen wie auch die am 12. Mai angekündigten Rahmenbedingungen mögen epidemiologisch nach wie vor angezeigt sein, sie sind aber gleichzeitig viel zu restriktiv, als dass Kultur auch nur halbwegs normal stattfinden könnte. Grossmehrheitlich bleiben die Türen damit weiterhin geschlossen. Wenigstens etwas Abhilfe schaffen könnte, wenn die Personenobergrenzen dynamisch den Kapazitäten der Spielstätten angepasst würden und der Bundesrat seine Beschlüsse künftig mit mehr Vorlaufzeit fassen würde, damit sich Veranstaltende, welche die Auflagen umzusetzen haben, in der Lage sind, sich vorzubereiten.
Es ist unklar, wie viele Kulturbetriebe schliessen mussten und wie viele Kulturschaffende sich bereits beruflich neu orientiert haben. Das ganze Ausmass dürfte erst in einigen Monaten oder Jahren klar werden. Hier sind professionelle Analysen der vorhandenen Daten und allenfalls weitere Erhebungen notwendig. Es braucht ein fachlich kompetentes Monitoring dieser Entwicklung, um die nötigen politischen Entscheide treffen zu können. Dabei muss die Bewahrung der kulturellen Vielfalt wie auch der Erhalt eines vielfältigen, kulturellen Lebens (Laien und Profis) das Ziel sein. Bei weitem nicht alle entgangenen Einnahmen konnten durch die Unterstützungsmassnahmen kompensiert werden, aber Kurzarbeit, Corona-Erwerbsersatz, Nothilfe sowie Ausfallentschädigungen leisteten in zahlreichen Fällen einen substanziellen Beitrag. Dieses Bündel an sich ergänzenden Instrumenten ist nun gleich doppelt in Gefahr.
Zwei für die Kultur eminent wichtige Herausforderungen stehen nämlich in den nächsten Wochen an: Die vom Bundesrat beantragte Erhöhung des Rahmenkredits für die Kultur-Unterstützungsmassnahmen in der Sommersession sowie das Referendum gegen das Covid-19-Gesetz.
1. Einerseits haben die Kantone klar und deutlich signalisiert, dass die für die Kultur bereitgestellten Gelder weitgehend aufgebraucht sind; ohne zusätzliche Mittel entfielen die überlebenswichtigen Zahlungen.
2. Andererseits ist die gesetzliche Grundlage, die die verschiedenen Unterstützungsmassnahmen überhaupt ermöglicht, durch das Referendum vom 13. Juni in Gefahr. Sollte das Gesetz abgelehnt werden, fielen sämtliche Hilfeleistungen per 25. September weg – maximale Ungewissheit zu einem Zeitpunkt, an dem die Kulturbranche unabhängig von der dannzumal bestehenden epidemiologischen Lage noch lange nicht zurück in der Normalität sein wird.
Es wäre kultur- und finanzpolitisch äusserst widersprüchlich und kontraproduktiv, durch Ablehnung der Krediterhöhung oder des Covid-19-Gesetzes insgesamt, die temporäre Lebensader vorschnell zu durchtrennen. Die Schweizer Kulturbranche und damit verbunden unzählige Arbeitsplätze und eine Wertschöpfung in Milliardenhöhe würden fahrlässig aufs Spiel gesetzt.
Taskforce Culture - Medienmitteilung vom 25.05.2021